Faustball-Nationalspieler Felix Klassen: „Eine WM-Teilnahme zu Hause wäre ein Traum“

© Uwe Spille

Interview von Stefanie Sandmeier

Für Felix Klassen war das Jahr 2022 aus sportlicher Sicht nicht nur das bisher erfolgreichste seiner Karriere, durch die Berufung zum Nationalspieler und den Sieg bei den World Games war es für den 29-Jährigen auch ein sehr emotionales. Mit der Weltmeisterschaft in Mannheim hat er das nächste Highlight bereits vor Augen. Im Interview spricht der Faustballer des TV Käfertal über sein „überragendes Jahr“ und seinen großen Traum, bei der Heim-WM in seiner Geburtsstadt als Spieler dabei zu sein.

Herr Klassen, in weniger als sieben Monaten spielt Deutschland bei der Heim-WM in Mannheim um den Weltmeistertitel im Faustball. Steigt bei Ihnen langsam die Vorfreude?

Klassen Die Vorfreude ist schon jetzt riesig. Wir Faustballer fiebern diesem Turnier seit der Vergabe entgegen. Das wird eine Wahnsinns-Veranstaltung für unsere Sportart mit den Finalspielen vor hoffentlich 12.000 Zuschauern auf Naturrasen in der SAP Arena – so etwas gab es im Faustball bisher noch nicht.

Sie haben in diesem Jahr mit der deutschen Nationalmannschaft den Titel bei den World Games gewonnen. Nun haben Sie die Chance auf eine erneute Nominierung und damit die Teilnahme an der Heim-WM. Gibt es etwas Größeres für einen Sportler?

Klassen Für mich als Spieler wäre es die erste Weltmeisterschaft überhaupt – noch dazu in Mannheim, also quasi zu Hause für mich. Das wäre ein Traum. In Birmingham/Alabama habe ich bereits einen Eindruck davon bekommen, wie Faustball auf Weltniveau gespielt wird. Das war eine einzigartige Erfahrung. Ein Sieg bei den World Games an sich ist eigentlich schon das Größte, was man als Faustballer erreichen kann. Aber wir sind uns im Nationalteam einig, dass eine WM im eigenen Land einen noch höheren Stellenwert einnimmt. Zumal diese in Mannheim stattfindet, in der Stadt, in der ich geboren wurde und den Großteil meines Lebens verbracht habe.

Sie blicken auf ein wahnsinnig erfolgreiches Jahr zurück. Das muss Ihnen doch wie in einem schönen Film vorkommen. Erst die Berufung in den deutschen Nationalkader und dann feiern Sie innerhalb weniger Wochen den World-Games-Sieg und die deutsche Vize-Meisterschaft mit dem TV Käfertal.

Klassen (lacht) Da ist was dran. Ich hatte unglaubliche Glücksmomente. Aber auch emotionale Achterbahnfahrten. Genau genommen durfte ich schon 2021 als Rookie-Kapitän mit einer sehr jungen Mannschaft beim Nations-Cup für Deutschland spielen und habe mir damit die Nominierung für die World Games erkämpft. Teil dieses Teams zu sein und dann sogar den Titel zu gewinnen, war unglaublich. Nach einer nicht so erfolgreichen Hallensaison ohne Medaille war das die Krönung. Das muss man als junger Sportler erstmal verarbeiten. Ich gebe zu, ich bin anschließend in ein kleines Loch gefallen.

Wie haben Sie das verarbeitet?

Klassen Wir kamen aus Alabama zurück, waren voller Euphorie und hatten einen großartigen Erfolg gefeiert. Und dann standen wenige Tage später schon wieder die Deutschen Meisterschaften auf dem Programm. Das Gefühl die angestauten privaten und beruflichen Erwartungen nicht mehr zufriedenstellend erfüllen zu können, brachte mich in das kleine Gefühls-Chaos. Ich hatte auch ein bisschen Sorge, dem Team mit der persönlichen Leistung nicht gerecht zu werden, gerade bei den Deutschen Meisterschaften. Aber dem war zum Glück nicht so. Ich bin recht schnell aus dem Tief rausgekommen, und wir haben einen super zweiten Platz belegt.

Die WM dürfte nun Motivation genug sein.

Klassen Auf jeden Fall. Als es für mich sportlich Fahrt aufnahm, habe ich mich auch aus dem Organisationsteam zurückgezogen. Ich möchte mich neben dem Privaten und dem Beruflichen ganz auf den Faustball konzentrieren. Das gelingt mir gut. Anfang des Jahres habe ich zudem eine neue Arbeitsstelle als Business Analyst begonnen und bin super dankbar, dass ich Leistungssport und Job so gut miteinander vereinbaren kann. Mein Arbeitgeber macht es mir möglich, Sport und Beruf zu verbinden, ohne zurückstecken zu müssen.

Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie aktuell an der SAP Arena vorbeifahren?

Klassen Ich bin ab und an dort und schaue mir die Adler Mannheim oder die Rhein-Neckar Löwen an. Ich bin Sport-Fan und mag die Arena. Ich war damals auch bei der Eröffnung. Die Dimension dieser Halle ist enorm. Faustball und die Arena habe ich daher nie zusammengebracht, geschweige denn, dass ich dort jemals die Chance bekommen würde zu spielen. Selbst in Alabama hatten wir keine 12.000 Zuschauer, das ist auch schwer vorstellbar.

Mit dem Start in die Hallen-Saison begann gefühlt der WM-Countdown. Zählen Sie schon die Wochen?

Klassen Auf jeden Fall geht’s mit großen Schritten Richtung Nominierung und Weltmeisterschaft. Im April findet der erste Lehrgang statt, danach wird der Kader reduziert. Der Kampf um die Plätze läuft. Als Sportler denkt man natürlich permanent daran, dass man dabei sein will. Man hat das Logo bereits im Kopf und freut sich einfach.

Erst einmal geht’s aber noch in der Bundesliga zur Sache. Aktuell liefern Sie sich mit dem TV Käfertal und den Kontrahenten vom TV Vaihingen/Enz, Schweinfurt-Oberndorf und dem TSV Pfungstadt einen spannenden Vierkampf um die Qualifikation für die Deutschen Meisterschaften. Wie sehen Sie die Käfertaler Chancen?

Klassen Die vier Teams liegen nur zwei Punkte auseinander. Wir sind leider etwas von Verletzungen geplagt und konnten in manchen Spielen nicht immer unser Leistungsmaximum abrufen. Wir sind aus Punktesicht mit nur einer Niederlage trotzdem im Soll. Vielleicht hätten wir kürzlich im Topspiel gegen Vaihingen/Enz mehr Punkte holen können, mit Blick auf die Tabelle ist das bisher aber eine Top-Saison. Unser Ziel ist die Qualifikation, die wollen wir alle unbedingt schaffen.

Sie gehören zum engeren Kreis der Nationalmannschaft. Wie realistisch ist Ihre WM-Teilnahme?

Klassen Es gibt keine Zusagen. Jeder kämpft um seinen Platz im Team. Die Chance ist realistisch, aktuell kämpfen wir zu viert um den Platz auf der Position rechts hinten. Im Verein spiele ich als Zuspieler auf der Mitte, das kann ein Vorteil sein. Ich kann mit dem Blick eines Mittemannes auf hinten rechts spielen. Wir werden sehen.

Es wäre für Sie ein Heimspiel im doppelten Sinn. Ihr Verein, der TV Käfertal ist mit der Ausrichtung der Weltmeisterschaft beauftragt. Die Organisation läuft auf Hochtouren. Was bekommen Sie mit?

Klassen Durch den Verein bekomme ich natürlich viel mit. Es ist unglaublich, wie viele Menschen sich engagieren und schön zu sehen, wie strukturiert im Verein für diese WM gearbeitet wird. Derzeit werden Volunteers gesucht, daneben laufen die Planungen für den Ablauf der Spieltage. Meine Mutter zum Beispiel wird voraussichtlich Kuchen backen. Das fühlt sich ein bisschen an wie vor einem Bundesliga-Heimspieltag, nur dass es eben alles ein paar Nummern größer ist. Mich freut das und ich hoffe sehr, dass wir diesen familiären Charakter, den unsere Sportart ausmacht, auch bei dieser Weltmeisterschaft beibehalten können. Dann wird es ein herausragendes Sportereignis!

Zur Information: Nach 1972, 1982 und 2007 findet vom 22. bis 29. Juli 2023 zum vierten Mal eine Weltmeisterschaft im Feld-Faustball in Deutschland statt. Austragungsort ist Mannheim. Der ausrichtende Verein ist der TV Käfertal. Die Vorrundenspiele werden im Rhein-Neckar-Stadion ausgetragen, dort absolviert der Fußball-Verbandsligist VfR Mannheim seine Spiele. Für die Endrunde ziehen die Sportler in das Schmuckstück der Region – die SAP Arena – um. In Mannheim wird erstmals eine WM-Endrunde auf Naturrasen unter einem Dach ausgetragen.

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