Warum die WM in der SAP Arena ein Meilenstein für den Faustball-Sport ist

Artikel aus dem Mannheimer Morgen vom 8. November 2022
von Christian Rotter

Die Faustball-WM findet Ende Juli 2023 in Mannheim statt, die beiden Finaltage sogar in der SAP Arena. Für die Sportart geht es aber nicht darum, kurzfristig in den Mittelpunkt des Interesses zu rücken

Stehen da, wo sie Ende Juli die WM-Krone im Faustball holen wollen: Der Pfungstädter Patrick Thomas (l.) und Felix Klassen vom TV Käfertal. © BERNHARD KAISER

Mannheim. An den anstehenden Höhepunkt seiner Sportlerkarriere wird Nick Trinemeier fast täglich erinnert. Der Faustballer des TV Käfertal wohnt in Heidelberg, sein Weg zur Arbeit nach Mannheim führt ihn unweigerlich an der SAP Arena vorbei. Und dort, im Bösfeld, wird im Juli 2023 ein Großereignis zu Ende gehen. In der Multifunktionshalle, in der normalerweise die Adler in der Deutschen Eishockey Liga dem Puck nachjagen und die Rhein-Neckar Löwen in der Handball-Bundesliga um Punkte kämpfen, finden die Finaltage der Faustball-WM statt, deren Vorrundenpartien im Rhein-Neckar-Stadion ausgetragen werden.

An den acht Turniertagen erwarten die Veranstalter insgesamt um die 60 000 Zuschauer. Die Hoffnungen sind groß, dass die SAP Arena zu den Halbfinalspielen am 28. Juli und dem Finaltag am 29. Juli mit jeweils 12 500 Fans ausverkauft sein wird. Bislang sind je 4500 Karten verkauft. „Ich kenne die SAP Arena natürlich gut und habe mit meinem Bruder Cedric einige Eishockey-Spiele besucht. Immer wieder mal haben wir uns gefragt, wie es wohl sein würde, in so einer genialen Halle Faustball spielen zu können. Ich hätte damals nie gedacht, dass dieser Traum einmal Wirklichkeit werden würde“, betont Nick Trinemeier.

„Eine Riesenchance“

Doch der Wunsch wurde Realität. Der Internationale Faustball Verband (IFA) vergab nach sorgfältiger Prüfung die WM im nächsten Jahr nach Mannheim. Und nach dem Erfolg der WM 2019 in der Schweiz wollte er den nächsten Schritt gehen, die Sportart zumindest für einige Zeit aus der Nische holen, um in einem nächsten Schritt zu hoffen, dass daraus ein nachhaltiger Trend wird. Aber einen Freiluftsport unterm Dach auszutragen? Für die weltweite Faustball-Gemeinschaft überwogen die Vorteile. „Natürlich ist das alles mit nicht unerheblichen Kosten verbunden“, sagt Jörg Trinemeier. „Wir sind uns aber sicher, dass das für uns eine Riesenchance ist – und die wollen wir nutzen.“

Marcel Stoklasa (r.), hier im Bundesliga-Spiel gegen Unterhaugstetts Michael Ochner, gehört zum Kader der deutschen Faustball-Nationalmannschaft. © MICHAEL RUFFLER

Jörg Trinemeier ist Vorsitzender des TV Käfertal mit seiner 130 Mitglieder starken Faustball-Abteilung. Der Verein ist zusammen mit dem Weltverband, der Deutschen Faustball-Liga und der Stadt Mannheim für die Organisation des Großereignisses zuständig – ein Mammutprojekt für jeden Beteiligten. Alle eint jedoch das Ziel, den Sport in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu rücken. „Faustball ist ein familiärer und fairer Sport. Hier werden Werte vermittelt, die im Leben sehr wichtig sind“, betont Jörg Trinemeier und ergänzt mit einem Beispiel: „Die Spieler verinnerlichen es, eigene Fehler beim Schiedsrichter anzuzeigen. Schauspielerei ist uns fremd.“

So geht es den Faustballern mit dem Leuchtturm-Projekt WM in der SAP Arena auch nicht darum, zurzeit unrealistische Ziele wie die Aufnahme in die Olympische Gemeinschaft zu forcieren, die Sportart denkt in kleineren Dimensionen: Während der Zulauf in Käfertal ungebrochen ist, haben andere Vereine und Länder mit einer negativen Mitglieder-Entwicklung zu kämpfen. „Älterere Generationen sind mit Faustball als Schulsport aufgewachsen. Wir wollen eine neue Öffentlichkeit erreichen“, erklärt Jörg Trinemeier. Warum sollte Faustball nicht wieder im Schulsport verankert werden? Der 62-Jährige zählt einige Vorteile auf: „Beim Faustball ist jeder involviert, keiner außen vor. Zudem darf der Ball einmal aufspringen – so ist der Sport vor allem für die Grundschule prädestiniert.“

Für Schulsport prädestiniert

Die WM-Organisatoren spielen diesen Gedanken konsequent zu Ende. Sie wollen Lehrende, Eltern, Schülerinnen und Schüler mit der Faszination für Faustball anstecken. Während der Titelkämpfe beginnen in Baden-Württemberg die Sommerferien. Am Montag und Dienstag werden Schulklassen zur Veranstaltung eingeladen, eine Verknüpfung mit der gleichzeitig stattfindenden Bundesgartenschau liegt auf der Hand.

Der TV Käfertal geht diese Herausforderung mit einer gesunden Mischung aus Respekt und Vorfreude an. Rückenwind gibt dem TVK das bislang erfolgreichste Jahr in der Vereinsgeschichte: Die Damen feierten den Bundesliga-Aufstieg, die Herren schnupperten am DM-Titel, mussten sich im Finale nur denkbar knapp dem Seriensieger Pfungstadt geschlagen geben.

Kein Wunder, dass sich mit Felix Klassen, Nick Trinemeier und Marcel Stoklasa drei Käfertaler Spieler Hoffnungen auf eine WM-Teilnahme machen dürfen. Das Trio steht im deutschen 18-Mann-Kader, der um Pfingsten auf zehn WM-Spieler reduziert wird. In der SAP Arena wird Naturrasen aus Südhessen verlegt, Jörg Trinemeier nutzt einen Begriff aus dem Tennis, wenn er von einer zu erwartenden „Center-Court-Atmosphäre“ spricht. Nicht nur sein Sohn Nick wird sich bei seinem nächsten SAP-Arena-Besuch ausmalen, wie das wohl sein wird, wenn dort Ende Juli die Faustbälle fliegen.

Ein Höhepunkt in der Faustball-Geschichte

  • Die Faustball-WM findet vom 22. bis 29. Juli 2023 in Mannheim statt. Die Vorrundenpartien gehen im Rhein-Neckar-Stadion des VfR Mannheim über die Bühne, zu den beiden Finaltagen werden in der SAP Arena jeweils 12 500 Zuschauer erwartet.
  • Ein Ticket für die gesamte Woche gibt es ab 99 Euro (Stehplatz) bis 166 Euro (beste Sitzplatzkategorie). Ermäßigt kosten die Karten zwischen 79 und 144 Euro.
  • Wer die sieben Spiele der Finalrunde in der SAP Arena sehen will, muss zwischen 49 und 76 Euro zahlen (ermäßigt 44 bis 69 Euro).
  • Kinder unter 12 Jahren haben in der Vorrunde freien Eintritt. Ermäßigungen gibt es für Jugendliche bis 18 Jahre, Schüler, Studierende, Auszubildende, Wehrpflichtige, Zivildienstleistende und Schwerbehinderte ab 50 Prozent.
  • Tickets sind im Vorverkauf unter https://fistballmwc.com/2023/ticketing/ erhältlich.
  • Mit Felix Klassen (Abwehr) sowie Marcel Stoklasa und Nick Trinemeier (Angriff) stehen drei Spieler des TV Käfertal im 18 Mann starken vorläufigen deutschen Kader, der im Frühjahr auf zehn WM-Spieler reduziert wird.
  • Die Herren des TV Käfertal sind indes perfekt in die Hallenrunde der Bundesliga Süd gestartet. Nach dem 5:0 gegen den TV Ungerhaugstett führt die Mannschaft von Trainer Leo Goth die Tabelle mit 4:0 Punkten an. Die Bundesliga-Damen des TVK sind mit einem Sieg gegen Stammheim und einer Niederlage gegen Calw in die Hallensaison gestartet.

© MM/LUCA OTTMANN

Christian Rotter Redaktion Koordinator der Sportredaktion

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